Kunstmuseum Basel - Museum für Gegenwartskunst - Sammlung Online

sammlung online

Resultate:  1

Rondo
  • Sam Gilliam
    Tupelo, Mississippi 1933–2022 Washington D.C.
  • Rondo, 1971
  • Acrylfarbe auf Leinwand mit Eichenbalken
  • 261.6 x 365.8 x 198.1 cm | 103 x 144 x 78 in.
  • Kunstmuseum Basel, Erworben mit Mitteln des Arnold Rüdlinger-Fonds, Freiwillige Akademische Gesellschaft Basel 2017
  • Inv. G 2017.12
Sam Gilliam gehört zu den wichtigsten Vertretern der Abstrakten Malerei in den USA. Sein Werk wird jedoch erst seit kurzem von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen. Zwischen 1967 und 1973 schuf Gilliam Werke, die von seinem radikalen Umgang mit dem Material zeugten. Die 1968 begonnene Serie der Drape paintings, zu denen auch Rondo gehört, zählt zu Gilliams wichtigsten künstlerischen Errungenschaften. Die unpräparierte Leinwand wurde dabei direkt mit Acrylfarbe begossen und gefaltet oder zerknittert, während die Farbe noch nass war. Die so entstehenden Linien und Muster inkorporierten sowohl den Produktionsprozess als auch die Materialität der Leinwand. Darüber hinaus verzichtete Gilliam bei den Drape paintings auf den Keilrahmen und liess die oft monumentalen, farbig expressiven Leinwände frei durch den Raum wogen. Da die Befestigungspunkte der Leinwände in Abhängigkeit von den räumlichen Gegebenheiten variieren, hat jede Installation performative Qualitäten und bezieht Wand, Decke und Boden situativ mit ein. Dieses Werk ist zur Präsentation auf eine Ecke angewiesen. Normalerweise werden Ecken im Ausstellungsraum ausgelassen oder vermieden. Dass Gilliam gerade diesen verschmähten Ort für viele seiner Drapes auswählt, ist sicher nicht ohne Bedeutung. Die etablierte Hierarchie zwischen Zentrum und Rand wird auf den Kopf gestellt. Damit überschreiten die Drape paintings die Grenzen zwischen Malerei, Skulptur und Architektur. Rondo ist ein herausragendes Beispiel des Spiels zwischen befreiter Form und räumlicher Präsenz. Die fliessenden Elemente, der Stoff der Leinwand und die gegossene Farbe, werden von einem diagonal an der Wand lehnenden Eichenbalken begrenzt und kontrastiert. Holz, das Material des verschwundenen Keilrahmens sowie der performative Aspekt der Malerei als Handwerk, treten in den Vordergrund. Der Titel Rondo verweist auf musikalische Kompositionsprinzipien. Zu einer Zeit als die Malerei im Niedergang begriffen schien, hauchten Künstler wie Gilliam ihr neues Leben ein. Seine ausdrucksstarke, vitale Malweise war unter anderem vom Jazz inspiriert. Die Bezugnahme auf Musik, vor allem auf Jazz, hatte in den späten 1960er Jahren eine politische Dimension. Gegen das Argument afro-amerikanischer Nationalisten, dass «schwarze Kunst» keine abstrakte Tradition habe und abstrakte Kunst entsprechend «weissen» ästhetischen Vorstellungen gehorche, bezogen sich Künstler wie Sam Gilliam ganz explizit auf die musikalische Abstraktion des Jazz.
Literatur- Jahresbericht 2017 der Öffentlichen Kunstsammlung Basel, Kunstmuseum und Gegenwart, Basel: Kunstmuseum, 2018, S. 13 (Olga Osadtschy), Abb. S. 16