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Bildnis des Bonifacius Amerbach
  • Bildnis des Bonifacius Amerbach, 1519
Portrait of Bonifacius Amerbach
Portrait de Bonifacius Amerbach
  • Mischtechnik auf Tannenholz
  • 29.9 x 28.3 cm
  • Signiert und datiert unter dem Epigramm: PICTA LICET FACIES VI / VAE NON CEDO SED INSTAR / SVM DOMINI IVSTIS NO / BILE LINEOLIS: // OCTO IS DUM PERAGIT / TPIETH, SIC GNAVITER IN ME / ID QVOD NATVRAE EST, / EXPRIMIT ARTIS OPVS // BON • AMORBACCHIVM • / IO • HOLBEIN • DEPINGEBAT • / A • M • D •XIX • PRID • EID • OCTOBR
  • Kunstmuseum Basel, Amerbach-Kabinett 1662
  • Inv. 314
Bonifacius Amerbach (1495–1562), Sohn des Basler Buchdruckers Johannes Amerbach, war der engste Vertraute des Erasmus von Rotterdam. 1519 schickte er sich an, sein in Freiburg i. Br. begonnenes Studium der Jurisprudenz in Avignon fortzusetzen. Die Gefahr der weiten Reise wurde noch erhöht durch die damals in Südfrankreich grassierende Pest – Gründe, für den Fall der Fälle das eigene Aussehen im Bild festhalten zu lassen. Dabei überliess Amerbach nichts dem Zufall. Das Epigramm auf der Inschriftafel, das einem weit verbreiteten humanistischen Topos Genüge tut, indem es die Lebensechtheit des Porträts preist, hat der Dargestellte unter beträchtlichen Mühen selbst verfasst: Ein Konzeptblatt in der Basler Universitätsbibliothek dokumentiert über zwanzig Entwürfe dazu (Mscr. C VIa 73, f. 407). Noch nachdem Holbein den Text auf sein Gemälde übertragen hatte, musste er eine Formulierung ändern: Der zweite Vers endete ursprünglich mit „SCRIPTA COLORIBVS“ anstelle von „NOBILE LINEOLIS“, hob also zunächst nicht die Linienführung, sondern die Farbe hervor. Die tagesgenaue Datierung bezieht sich auf Amerbachs Geburtstag, nicht auf irgendeinen Zeitpunkt der künstlerischen Arbeit.
Ueli Dill (1998) hat auf ein weiteres Epigramm Amerbachs (Basel, Universitätsbibliothek, Mscr. F VI 52, Nr. 5, f. 1) hingewiesen, das von zwei Bildnissen Holbeins aus dem Jahre 1519 spricht, die ihn mit und ohne Bart zeigten und zueinander in Konkurrenz stünden. Offenbar plante Amerbach, das vorliegende Porträt durch ein mit dem neuen Epigramm beschriftetes Pendant zu ergänzen, nachdem er sich den Bart abrasiert hatte. Die Veränderung seines Äusseren sollte anscheinend Zeugnis ablegen von einer inneren Wandlung, die wiederum einem u. a. bei Erasmus nachzuweisenden humanistischen Diktum gehorchte, demzufolge es eben nicht der Bart sei, der den Philosophen ausmache, sondern vielmehr dessen geistiges Vermögen. Ein glatt rasierter und zum echten Intellektuellen gereifter Amerbach hätte von dem zweiten Bildnis hinübergeschaut auf das frühere, etwas stutzerhafte eigene Ich, das den Philosophen nur spielt. Allerdings wissen wir nicht, ob dieses zweite Bildnis auch tatsächlich ausgeführt worden ist.
Der Tod von Amerbachs Bruder Bruno wenige Wochen nach dem im Porträt vermerkten Geburtstag mag diesen Sinneswandel ausgelöst haben. So persönlich der Anlass auch gewesen sein mag, Amerbach goss seine Betroffenheit mit dem bekenntnishaften Doppelbildnis-Projekt in eine Form, für die es in Basel Vorbilder gab: die zwei Diptychen des Hieronymus Tscheckenbürlin, welche diesen einmal als geschniegelten Jüngling in modischer Tracht (Inv. 33) und einmal im Habit der Kartäuser (Basel, Historisches Museum, Inv. 1882.72) wiedergeben.
Literatur- Öffentliche Kunstsammlung in Basel. Catalog der Gemälde, Handzeichnungen und plastischen Werke, Basel: Schweighauser, 1898, S. 34, Nr. 16

- Öffentliche Kunstsammlung in Basel, Katalog, Basel: Birkhäuser, 1908, S. 69, Nr. 314, Abb. S. 166

- Öffentliche Kunstsammlung Basel. Katalog, 3. Aufl., Basel: Birkhäuser, 1910, S. 70, Abb. S. 171

- Paul Ganz: Meisterwerke der Öffentlichen Kunstsammlung in Basel (Meisterwerke der bedeutendsten Galerien Europas. Band X), München: Franz Hanfstaengl, 1924, S. 254, Abb. S. 66

- Öffentliche Kunstsammlung Basel. Katalog, 4. überarb. Aufl., Basel: Birkhäuser, 1926, S. 59, 60, Abb. n. p. (S. 153)

- Öffentliche Kunstsammlung Basel. Führer durch das Kunstmuseum, St. Albangraben 16, [Basel]: [s. n.], [1936], S. (n. p., Hauptgeschoss, Linkes Oktogonl)

- Meisterwerke aus den Kunstmuseen Basel und Bern, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Bern, mit Beiträgen von Conrad von Mandach und Georg Schmidt, 2. verb. Aufl. mit Nachtrag, Kunstmuseum Bern, 1940, S. 12, 35, 36, Nr. 39

- Öffentliche Kunstsammlung Basel. Katalog 1946, Basel: Öffentliche Kunstsammlung, 1946, S. 32

- Öffentliche Kunstsammlung Basel. Katalog. 1. Teil. Die Kunst bis 1800. Sämtliche ausgestellten Werke, Basel, 1957, S. 89, Abb. S. 89

- Paul-Henry Boerlin: Die öffentliche Kunstsammlung Basel (Sonderdruck aus: Das grosse Buch der Malerei), Braunschweig: Georg Westermann Verlag, 1960, S. (n. p. / 40)

- Öffentliche Kunstsammlung Basel. Katalog. 1. Teil. Die Kunst bis 1800. Sämtliche ausgestellten Werke, Basel, 1966, S. 89, Abb. S. 89

- John Rowlands: Holbein. The paintings of Hans Holbein the Younger, Oxford: Phaidon, 1985, S. 31f, 126, Nr. 7

- Robert Th. Stoll: Kunstmuseum Basel, Basel: Erziehungsdepartement des Kantons Basel-Stadt, 1990, S. 11, mit Abb.

- Sammeln in der Renaissance. Das Amerbach-Kabinett. Beiträge zu Basilius Amerbach, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Basel, 21. Apr. – 21. Juli 1991, mit Beiträgen von Elisabeth Landolt, Hans-Rudolf Hagemann, Susanne von Hoerschelmann, Felix Ackermann, Basel: Öffentliche Kunstsammlung, 1991, S. 145 m. Anm. 5

- Sammeln in der Renaissance. Das Amerbach-Kabinett. Die Gemälde, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Basel, 21. Apr. – 21. Juli 1991, verfasst von Paul Boerlin, Basel: Öffentliche Kunstsammlung, 1991, S. 20f, Nr. 30, Abb. 30

- Christian Geelhaar: Kunstmuseum Basel. Die Geschichte der Gemäldesammlung und eine Auswahl von 250 Meisterwerken, Basel: Verein der Freunde des Kunstmuseums Basel und Zürich: Eidolon, 1992, S. 26, Abb. 1, S. 2

- Bonifacius Amerbach 1495–1562. Zum 500. Geburtstag des Basler Juristen und Erben des Erasmus von Rotterdam, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Basel, 26. Aug. – 5. Nov. 1995, bearb. und hrsg. von Holger Jacob-Friesen, Beat R. Jenny und Christian Müller, Basel: Schwabe, 1995, S. 44f, Nr. 8

- Oskar Bätschmann und Pascal Griener: Hans Holbein, Köln: DuMont, 1997, S. 27–30, 154f

- Ueli Dill: Der Bart des Philosophen. Holbeins Amerbach-Porträt – neu gesehen im Lichte eines bisher nicht beachteten Epigramms, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 55 ( = Hans Holbein der Jüngere. Akten des Internationalen Symposiums Kunstmuseum Basel, 26.–28. Juni 1997), 1998, S. 245–262

- Dominik Klinger und Antje Höttler: Holbein. Die Malerbrüder Ambrosius und Hans d. J. Werkverzeichnis. Gemälde und Miniaturen, Nürnberg, 1998, S. 90, Nr. 7

- Stephanie Buck: Hans Holbein 1497/98–1543 (Meister der deutschen Kunst), Köln: Könemann, 1999, S. 24

- Christian Müller: Holbeins Gemälde "Der Leichnam Christi im Grabe" und die Grabkapelle der Familie Amerbach in der Basler Kartause, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 58, 2001, S. 279–289, S. 281

- L'Université d'Avignon. Naissance & Renaissance 1303 – 2003, Hrsg. Université d'Avignon, Arles: Actes Sud, 2003, S. 133

- Susan Foister: Holbein & England, New Haven/London: Yale University Press, 2004, S. 172, Abb. 175

- Gian Casper Bott: Kunstmuseum Basel (Museen der Schweiz), Genève: Stiftung BNP Paribas Schweiz und Zürich: Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, 2004, S. 24, Nr. 23, Abb. S. 25

- James Snyder: Northern Renaissance Art. Painting, Sculpture, the Graphic Arts from 1350 to 1575, 2. Aufl., Upper Saddle River: Pearson/Prentice Hall, 2004, S. 377, Abb. 15.12

- Jochen Sander: Hans Holbein d. J. Tafelmaler in Basel 1515–1532, München: Hirmer, 2005, S. 123–127, 432f

- Hans Holbein d. J. – Die Jahre in Basel 1515–1532, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Basel, 1. Apr. – 2. Juli 2006, mit Beiträgen von Christian Müller und Stephan Kemperdick u. a., Hrsg. Kunstmuseum Basel, München: Prestel Verlag, 2006, S. 157–159, Nr. 38, Abb. S. 195

- Daniel Arasse: Le Détail. Pour une histoire rapprochée de la peinture, Paris: Flammarion, 2008, Abb. 321, S. 274

- Anne-Marie Bonnet und Gabriele Kopp-Schmidt, unter Mitarbeit von Daniel Görres: Die Malerei der deutschen Renaissance, München: Schirmer Mosel, 2009, S. 346–347, Nr. VII.7

- Holbein bis Tillmans. Prominente Gäste aus dem Kunstmuseum Basel (Schaulager-Hefte), Ausst.-Kat. Schaulager, Basel, 4. Apr. – 4. Okt. 2009, Hrsg. Theodora Vischer, Göttingen: Steidl, 2009, S. 36, Nr. 1.7, Teil II, Abb. S. 32

- Oskar Bätschmann: Hans Holbein d. J., München: Beck, 2010, S. 18f

- Die grosse Kunstkammer. Bürgerliche Sammler und Sammlungen in Basel, Ausst.-Kat. Historisches Museum Basel, Barfüsserkirche, Hrsg. Historisches Museum Basel, Basel: Christoph Merian Verlag, 2011, Abb. 2, S. 30

- Jeanne Nuechterlein: Translating Nature into Art. Holbein, the Reformation, and Renaissance rhetoric, The Pennsylvania State University Press, 2011, S. 56f, Abb. 37

- Kunstmuseum Basel. Die Meisterwerke. Gemälde, Skulpturen, Fotografien, Installationen, Videos, Hrsg. Bernhard Mendes Bürgi und Nina Zimmer, Ostfildern: Hatje Cantz, 2011, S. 36, Nr. 14, Abb. S. 37

- Jahresbericht 2015 der Öffentlichen Kunstsammlung Basel, Kunstmuseum und Museum für Gegenwartskunst, Basel: Kunstmuseum, 2015, S. 36 (Amelie Jensen), Abb. S. 37

- ¡Hola Prado! Zwei Sammlungen im Dialog, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Basel, 8. April – 20. Aug. 2017, von Bodo Brinkmann und Gabriel Dette, Hrsg. Kunstmuseum Basel, Petersberg: Michael Imhof Verlag, 2017

- Dieter Buchhart: Words Without Thoughts Never to Heaven Go, in: Words Without Thoughts Never to Heaven Go, Almine Rech Gallery, New York, [2017], S. 21–59, Abb. 1, S. 22

- Xavier F. Salomon: Holbein's Sir Thomas More, in: Holbein's Sir Thomas More, Hrsg. The Frick Collection, New York, London: D Giles Limited, 2018, S. 19-69, S. 24, Abb. 6, S. 25

- Franny Moyle: The King's Painter. The Life and Times of Hans Holbein, London: Head of Zeus Ltd, 2021, Abb. S. 154

- Holbein: Capturing Character, Ausst.-Kat. J. Paul Getty Museum, Los Angeles, 19. Okt. 2021 – 9. Jan. 2022; Morgan Library & Museum, New York, 11. Febr. – 15. Mai 2022, mit Beiträgen von Austèja Mackelaité, John T. McQuillen, Ulrich Hans Birkmaier u. a., Hrsg. Anne T. Woollett, Los Angeles: J. Paul Getty Museum, 2021, Nr. 5, Abb. S. 95

- William Barker: Erasmus of Rotterdam. The Spirit of a Scholar, London: Reaktion Books, 2021, Abb. S. 247