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Venus mit dem Amorknaben
  • Venus mit dem Amorknaben, um 1526/28
Venus with Cupid
Vénus au Cupidon
  • Öl auf Lindenholz
  • 34.5 x 26 cm
  • Nicht bezeichnet
  • Kunstmuseum Basel, Amerbach-Kabinett 1662
  • Inv. 323
Den offensichtlichen Zusammenhang mit der 1526 datierten Laïs Corinthiaca (Inv. 322) stellt schon das Amerbach-Inventar von 1585/87 her – wenn auch in der irrigen Annahme, es handele sich um Bildnisse von ein oder gar zwei Damen aus der Basler Familie Offenburg: ("Zwei täfelin daruf ein [gestrichen: zwei] offenburgin conterfehet ist vf eim gschribn Lais Corinthiaca. Die ander hat ein kindlin bÿ sich. H. Holb[ein] beide, mit ölfarben vnd in ghüsen [=Rahmen]."; Landolt 1991). Über Entstehungsreihenfolge und inhaltliche Dimension des Bilderpaares wurde lange kontrovers diskutiert, bis Jochen Sander 2005 anhand gemäldetechnologischer Beobachtungen der Nachweis gelang, dass die Venus eine bewusst variierende Replik unter Spiegelung des Kopfes und Abwandlung der Armhaltung nach der Laïs darstellt. Unter anderem fiel der Schulterkontur der Venus ursprünglich wie beim Vorbild steiler ab und wurde während des Malprozesses korrigiert, ihre linke Hand taucht in der Unterzeichnung an der gleichen Stelle der Bildfläche wie die Linke der Laïs auf, hier also an der Schulter des Amorknaben. In der Malerei wurde die Hand der Venus dann jedoch fortgelassen, so dass der Unterarm jetzt etwas unmotiviert hinter dem Kinderkopf verschwindet. Diese und andere Schwächen sowie eine bei genauem Vergleich von derjenigen der Laïs abweichende Faktur haben Sander veranlasst, die Venus aus Holbeins Œuvre auszuscheiden und einem nach dem Bild benannten Werkstattmitarbeiter zu geben. Demselben schreibt er eine Handvoll weiterer Werke aus dem Holbein-Umkreis zu, darunter das ausgesprochen italienisch anmutende Abendmahl des Kunstmuseums (Inv. 316), und vermutet sogar korrigierende Eingriffe des Mitarbeiters bei der Fertigstellung des Passionsaltars (Inv. 315).
Obwohl es sich demzufolge bei dem offensichtlich in der Holbein-Werkstatt eine gewisse Autorität geniessenden 'Venus-Maler' nicht um einen Berufsanfänger gehandelt haben dürfte, gelang es Sander nicht, ihn ausserhalb Basels dingfest zu machen. Erst damit würde aus seinem Konstrukt aber eine Künstlerpersönlichkeit. Unseres Erachtens könnte die Suche nach dem 'Venus-Maler' am ehesten in Norditalien Erfolg haben, insbesondere in der mit dem sog. Meister der Marienkrönung von Biella verbundenen Werkgruppe (vgl. Vittorio Natale: Maître du Couronnement de la Vierge de Biella, in: Mauro Natale u. Frédéric Elsig [Hrsgg.], La Renaissance en Savoie. Les arts au temps du duc Charles II (1504–1553), Ausst.-Kat. Genf, Musée d'Art et d'Histoire 15. März – 25. Aug. 2002, Genf 2002, S. 165–190). Sowohl dessen frühe Pala mit Johannes d. T. und den hll. Hieronymus und Luzia (vor 1524, Biella, Kathedrale, Sakristei) als auch sein spätes namengebendes Hauptwerk (Biella, Museo del Territorio) weisen auffällige Parallelen zum Schaffen des 'Venus-Malers' auf. Zur Klärung dieser Frage sind indes weitere Recherchen vonnöten.
Literatur- Öffentliche Kunstsammlung in Basel. Catalog der Gemälde, Handzeichnungen und plastischen Werke, Basel: Schweighauser, 1898, S. 35, Nr. 19

- Öffentliche Kunstsammlung in Basel, Katalog, Basel: Birkhäuser, 1908, S. 72, Nr. 323

- Öffentliche Kunstsammlung Basel. Katalog, 3. Aufl., Basel: Birkhäuser, 1910, S. 72

- Paul Ganz: Meisterwerke der Öffentlichen Kunstsammlung in Basel (Meisterwerke der bedeutendsten Galerien Europas. Band X), München: Franz Hanfstaengl, 1924, S. 254, Abb. S. 84

- Öffentliche Kunstsammlung Basel. Katalog, 4. überarb. Aufl., Basel: Birkhäuser, 1926, S. 62, 63

- Heinrich Alfred Schmid: Alte Meister der Basler Kunstsammlung, Hrsg. Emil Schaeffer, Zürich: Orell Füssli Verlag, 1930, S. 18, Nr. 44, mit Abb.

- Öffentliche Kunstsammlung Basel. Führer durch das Kunstmuseum, St. Albangraben 16, [Basel]: [s. n.], [1936], S. (n. p., Hauptgeschoss, Linkes Oktogonl)

- Meisterwerke aus den Kunstmuseen Basel und Bern, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Bern, mit Beiträgen von Conrad von Mandach und Georg Schmidt, 2. verb. Aufl. mit Nachtrag, Kunstmuseum Bern, 1940, S. 36, Nr. 40

- Öffentliche Kunstsammlung Basel. Katalog 1946, Basel: Öffentliche Kunstsammlung, 1946, S. 33

- Öffentliche Kunstsammlung Basel. Katalog. 1. Teil. Die Kunst bis 1800. Sämtliche ausgestellten Werke, Basel, 1957, S. 93, Abb. S. 93

- Hans Reinhardt: Holbeins Venus und Laïs in der Basler Öffentlichen Kunstsammlung, in: Festschrift Werner Hager, Hrsg. Günther Fiensch und Max Imdahl, Recklinghausen: Bongers, [1966], S. 66–70

- Öffentliche Kunstsammlung Basel. Katalog. 1. Teil. Die Kunst bis 1800. Sämtliche ausgestellten Werke, Basel, 1966, S. 92, Abb. S. 92

- Jürgen Meyer zur Capellen: Hans Holbeins "Lais Corinthiaca", in: ZAK 41, 1984, S. 22–34

- John Rowlands: Holbein. The paintings of Hans Holbein the Younger, Oxford: Phaidon, 1985, S. 62f, 131, Nr. 21

- Sammeln in der Renaissance. Das Amerbach-Kabinett. Beiträge zu Basilius Amerbach, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Basel, 21. Apr. – 21. Juli 1991, mit Beiträgen von Elisabeth Landolt, Hans-Rudolf Hagemann, Susanne von Hoerschelmann, Felix Ackermann, Basel: Öffentliche Kunstsammlung, 1991, S. 145 m. Anm. 8

- Sammeln in der Renaissance. Das Amerbach-Kabinett. Die Gemälde, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Basel, 21. Apr. – 21. Juli 1991, verfasst von Paul Boerlin, Basel: Öffentliche Kunstsammlung, 1991, S. 23, Nr. 34, Abb. 34

- Christian Geelhaar: Kunstmuseum Basel. Die Geschichte der Gemäldesammlung und eine Auswahl von 250 Meisterwerken, Basel: Verein der Freunde des Kunstmuseums Basel und Zürich: Eidolon, 1992, Abb. 40, S. 63

- Paul H. Boerlin: Venus und Amor im Kunstmuseum Basel, Basel: Wiese Verlag, 1993, S. 12, Abb. 13

- Oskar Bätschmann und Pascal Griener: Hans Holbein, Köln: DuMont, 1997, S. 8, 27, 53, 135–144, 158–160

- Stephanie Buck: Hans Holbein 1497/98–1543 (Meister der deutschen Kunst), Köln: Könemann, 1999, S. 43f

- Susan Foister: Holbein & England, New Haven/London: Yale University Press, 2004, S. 86, Abb. 91

- Jochen Sander: Hans Holbein d. J. Tafelmaler in Basel 1515–1532, München: Hirmer, 2005, S. 41–44, 224–232, 441f

- Hans Holbein d. J. – Die Jahre in Basel 1515–1532, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Basel, 1. Apr. – 2. Juli 2006, mit Beiträgen von Christian Müller und Stephan Kemperdick u. a., Hrsg. Kunstmuseum Basel, München: Prestel Verlag, 2006, S. 359–361, Nr. 115, Abb. S. 361

- Franny Moyle: The King's Painter. The Life and Times of Hans Holbein, London: Head of Zeus Ltd, 2021, Abb. S. 184